BAURECHT

„Schwarz“ bezahlte Ersatzvornahmekosten sind nicht erstattungsfähig: Schwarzarbeit und ihre Folgen

Text: Prof. T. Karczewski | Foto (Header): © vegefox.com – stock.adobe.com

Die Urteile zur „Schwarzarbeit“ nehmen im Zusammenhang mit Bau- und Architektenleistungen in den letzten Jahren immer mehr zu. Dies ist ein Beleg dafür, dass das Thema in der Baupraxis große Bedeutung hat. Doch was ist „Schwarzarbeit“ und welche rechtlichen Folgen sind mit ihr verbunden?

Auszug aus:

Der Bauleiter
Ausgabe Dezember 2022
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Was ist „Schwarzarbeit“?

Nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarz-ArbG) gehören zur Schwarzarbeit zum einen die Fälle, in denen der Unternehmer entweder seinen sozialversicherungsrechtlichen Melde- (Nr. 1 und Nr. 3) bzw. seinen Steuerpflichten (Nr. 2), oder aber andererseits seinen Pflichten zur Gewerbeanmeldung und Eintragung in die Handwerksrolle (Nr. 4 und Nr. 5) nicht nachkommt.

Rechtsfolgen

Die landläufige Annahme ist, dass „Schwarzarbeit“ immer zur Nichtigkeit des Bauvertrags führt. Dies trifft nicht zu.

1. Verstoß gegen Steuerpflichten
Bei der Fallgruppe, die in der Praxis von besonderer Bedeutung ist, geht es um den Verstoß des Unternehmers gegen seine Steuerpflicht im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG. Dabei handelt es sich um die klassische „Schwarzarbeit“, bei der der Unternehmer beabsichtigt, Werkleistungen „am Finanzamt vorbei“ zu erbringen. Wegen der enormen volkswirtschaftlichen Schäden, die mit der nicht abgeführten Umsatzsteuer verbunden sind, werden die Regelungen zu § 1 Abs. 2 Nr. 2 Schwarz- ArbG als Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB angesehen; mit der Konsequenz, dass der Vertrag zwischen den Vertragsparteien nichtig sein kann. Dies gilt für Bau- und Architektenverträge gleichermaßen, woraus sich für die Vertragsparteien gravierende Folgen ergeben:

a) kein Anspruch auf Vergütung
Verstößt der Unternehmer gegen seine Steuerpflicht im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG, ist der zwischen ihm und dem Bauherrn geschlossene Bauvertrag nichtig. Die Folge ist, dass der Bauherr weder eine Vergütung schuldet noch gesetzlichen Ansprüchen auf Ersatz in Höhe des Wertes der Werkleistung ausgesetzt ist. Dies hat beispielsweise das OLG Schleswig bereits in einem Urteil vom 14.08.2014 entschieden:

„Unternehmer und Bauherr vereinbaren die schlüsselfertige Erstellung einer Hotelerweiterung zum Pauschalpreis von 500.000 €. Der Unternehmer stellt Abschlagsrechnungen, die der Bauherr in Höhe von 175.000 € nicht bezahlt. Der Unternehmer erhebt deshalb Klage und fordert weitere 30.000 €, die der Bauherr aufgrund einer Nebenabrede außerhalb des Werkvertrages schulde, insgesamt 205.000 €. Der Bauherr wendet ein, bei den 30.000 € handele es sich um eine Schwarzgeldabrede. Das OLG entscheidet darauf hin, dass der gesamte Bauvertrag aufgrund einer Teil-Schwarzgeld-Abrede nichtig ist und dem Unternehmer keinerlei Vergütung zusteht, weder in Höhe von 30.000 €, noch in Höhe von 175.000 €.“

Ist ein Bauvertrag wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig, steht dem Bauherrn, der den Werklohn bereits ganz oder teilweise gezahlt hat, gegen den Unternehmer aber auch kein Rückzahlungsanspruch zu. Die Rückforderung eines Geldbetrags im Rahmen einer „Schwarzgeldabrede“ ist nicht nur ausgeschlossen, wenn die Gegenleistung bereits erbracht wurde, sondern auch in dem Fall, dass der Geldbetrag im Vorgriff auf künftig zu erbringenden Leistungen – quasi als Vorauszahlung – gezahlt worden ist.

b) Keine Mängelansprüche
Mit dem Vergütungsanspruch des Unternehmers entfallen bei einer klassischen Schwarzgeldabrede der Bauvertragsparteien auch die Mängelrechte des Bauherrn. Dies hat auch der BGH mit Urteil vom 16.03.2017 entschieden:

„Der Unternehmer unterbreitet dem Bauherrn für die Entfernung des alten und die Beschaffung und Verlegung eines neuen Teppichbodens ein schriftliches Angebot über 16.200 €. Dies nimmt der Bauherr an. Im Anschluss verständigen sich die Parteien u. a. darauf, dass der Unternehmer lediglich eine Rechnung über 8.600 € für die Arbeiten stellt und der Bauherr weitere 6.400 € in bar zahlt. Ein Jahr später erklärt der Bauherr wegen behaupteter Mängel den Rücktritt vom Vertrag und verlangt vom Unternehmer Rückzahlung von 15.000 €. Vergeblich. Nach den Ausführungen des BGH stehen dem Bauherrn wegen der behaupteten Mängel weder ein Schadensersatzanspruch noch ein Anspruch auf Rückzahlung des Werklohns zu, weil der Werkvertrag wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG gemäß § 134 BGB nichtig ist.“

Selbst anfänglich bestehende Mängelrechte kann der Bauherr verlieren, wenn er die Ersatzvornahmearbeiten durch einen anderen Unternehmer „schwarz“ ausführen lässt, wie das OLG Schleswig in seinem Urteil vom 30.04.2019 ausführt:

„Der Auftragnehmer soll auf der Grundlage der VOB/B ein Einfamilienhaus mit Garage errichten. Wegen der vom Bauherrn behaupteten Mängel kommt es zum Streit. Der Auftragnehmer beseitigt die Mängel nicht. Sie werden durch einen anderen vom Bauherrn beauftragten Unternehmer mit Sitz auf den Virgin Islands behoben. Diese Arbeiten stellt der Unternehmer dem Bauherrn mit 27.000 €, aber ohne Mehrwertsteuer in Rechnung. Gegenüber dem Werklohnanspruch des Auftragnehmers in Höhe von 19.800 € erklärt der Bauherr deshalb die Aufrechnung mit den Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 27.000 €. Das OLG Schleswig lässt die Aufrechnung nicht durchgreifen und verurteilt den Bauherrn zur Zahlung des überwiegenden Teils des Werklohns an den Auftragnehmer. Einen aufrechenbaren Anspruch des Bauherrn in Höhe der vom Unternehmer gestellten Rechnung für Mängelbeseitigungsarbeiten von 27.000 € verneint das OLG. Die Rechnung des Unternehmers genügt in keiner Weise den an eine ordnungsgemäße Berechnung zu stellenden Anforderungen. Insbesondere fehlt der unabdingbare Ausweis der Umsatzsteuer (§ 14 Abs. 4 UstG). Bei den Arbeiten durch den Unternehmer handelt es sich ersichtlich um Schwarzarbeit, die von dem Bauherrn nicht zu vergüten war, erst recht nicht dem restlichen Werklohnanspruch des Auftragnehmers entgegengesetzt werden kann. Der Bauherr konnte nicht angeben, wann oder von wem die Arbeiten durchgeführt worden sein sollen. Deshalb drängt sich gerade der Verdacht der Schwarzarbeit auf, den der Bauherr nicht entkräften konnte.“

Das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung befasst sich mit den sozialversicherungs-, steuer- und gewerberechtlichen Konsequenzen einer Schwarzarbeit, nicht jedoch damit, ob Arbeiten ordnungsgemäß ausgeführt worden sind oder nicht. Die teilweise Errichtung des Gebäudes unter Verstoß gegen das SchwarzArbG führt deshalb nicht zur Mangelhaftigkeit des Bauwerks insgesamt, auch nicht deshalb, weil keine abtretbaren Sachmängelansprüche gegen den Unternehmer bei Schwarzarbeit bestehen.

2. Verstoß gegen die Gewerbemelde- und Eintragungspflicht in die Handwerksrolle
Fraglich ist, ob ein Verstoß gegen die Pflicht zur Eintragung eines zulassungspflichtigen Handwerks in die Handwerksrolle gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 5 Schwarz-ArbG zur Folge hat, dass der Vertrag mit einem nicht in die Handwerksrolle eingetragenen Handwerker nichtig ist, mit den bereits ausgeführten Konsequenzen. Das OLG Frankfurt vertritt diese Auffassung. Es verweist auf den Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 5 SchwarzArbG, nach der Schwarzarbeit leistet, wer als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betreibt, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein. Ziel des Gesetzes ist es, Schwarzarbeit schlechthin zu verbieten und vor allem jeglichen Leistungsaustausch zwischen den Vertragspartnern zu unterbinden. In dem vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall hat der Unternehmer Werkleistungen eines zulassungspflichtigen Handwerks (Maler-, Tapezier-, Trockenbau-, Fliesenleger-, Fußboden- und Rohbauarbeiten) erbracht, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein. Er verlangte für die ausgeführten Arbeiten vom Bauherrn Vergütung. Dieser verweigerte die Zahlung und machte seinerseits Rechte wegen Baumängeln geltend. Das OLG verneinte die gegenseitigen Ansprüche wegen Nichtigkeit des Vertrags aufgrund des Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 5 SchwarzArbG.

3. Kenntnis des Bauherrn …
Die herrschende Meinung in der Rechtsprechung fordert für die gravierenden Rechtsfolgen, die ein Verstoß gegen das SchwarzArbG nach sich zieht, neben dem Gesetzesverstoß eine weitere Voraussetzung:

a) … vom Verstoß gegen Steuerpflichten
Der Vergütungsanspruch des Unternehmers und die Mängelrechte des Bauherrn entfallen nur, wenn der Bauherr den Pflichtenverstoß des Unternehmers zumindest kennt und ihn für seine Zwecke ausnutzen will. So hat es der BGH jedenfalls für die Fälle der klassischen „Schwarzarbeit“ entschieden, bei denen der Unternehmer beabsichtigt, die Werkleistungen „am Finanzamt vorbei“ zu erbringen. Keinen Ausnutzungswillen im Sinne der BGH-Rechtsprechung hat der Bauherr, wenn er von der Steuerhinterziehungsabsicht des Unternehmers keine Kenntnis hat. Von einer entsprechenden Kenntnis des Bauherrn und einer Ausnutzung zu seinen Zwecken ist aber bei einer „Schwarzgeldabrede“ zwischen Unternehmer und Bauherrn auszugehen.

b) … von einer Schwarzgeldabrede
Der Unternehmer ist gesetzlich dazu verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Bauleistung eine Rechnung auszustellen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Vereinbaren die Parteien eines Bauvertrags, dass der Werklohn (teilweise) bar gezahlt und hierfür keine ordnungsgemäße Quittung ausgestellt wird, sogenannte „Ohne-Rechnung-Abrede“, spricht dies für eine Schwarzgeldabrede und ist ein wichtiges Indiz dafür. Das OLG Hamm15 geht von einer Schwarzgeldabrede bereits dann aus, wenn der Unternehmer vom Bauherrn Bargeld entgegennimmt und über diese Zahlung innerhalb von sechs Monaten keine Rechnung ausstellt. Die Nichtigkeitsfolgen treten auch dann ein, wenn die Parteien erst nachträglich und in Bezug auf einen Teil der Vergütung eine solche Abrede treffen. Beruft sich eine Vertragspartei auf eine Schwarzgeldabrede, weil deren Rechtsfolgen für sie günstig sind, hat sie deren Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen. Wenn das Gericht Anhaltspunkte für eine Schwarzgeldabrede hat, muss es die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen von Amts wegen prüfen. Bestreiten die Parteien eines Bauvertrags eine solche Schwarzgeldabrede auf Nachfrage des Gerichts, muss es die übereinstimmende Erklärung der Parteien beachten und darf nicht von einer Schwarzgeldabrede ausgehen. Durch eine Voranmeldung der Rechnungen zur Umsatzsteuer kann zudem der Vorwurf der Schwarzgeldabrede nach Ansicht des OLG Stuttgart entkräftet werden.

c) … vom Verstoß gegen die Gewerbemelde- und Eintragungspflicht in die Handwerksrolle
Das OLG Frankfurt hatte in dem von ihm entschiedenen Fall, in dem es von der Nichtigkeit des Bauvertrags wegen des Verstoßes gegen das Eintragungsgebot in die Handwerksrolle ausging, die Frage offengelassen, ob es auf die Kenntnis des Bauherrn vom Pflichtenverstoß ankommt.

Das OLG Hamburg will die Nichtigkeit des Bauvertrags in diesem Fall nur annehmen, wenn der Bauherr Kenntnis von dem Verstoß gegen die Eintragungspflicht des Unternehmers in die Handwerksrolle hat und diesen bewusst zu seinem Vorteil ausnutzt. Mit dem OLG Hamburg geht die überwiegende Meinung in der Rechtsprechung davon aus, dass ein einseitiger, vom Bauherrn nicht erkannter Verstoß gegen die „Schwarzarbeit“ nicht zur Nichtigkeit des Vertrags führt. Der geschlossene Bauvertrag hat in diesen Fällen Bestand. Dem Unternehmer verbleibt der Anspruch auf Vergütung, und dem Bauherrn stehen Mängelrechte bei mangelhafter Bauausführung zu. Auch der BGH hält an dem Bestand des zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrags fest, wenn der Bauherr keine Kenntnis von dem Verstoß gegen das Verbot der „Schwarzarbeit“ hat. Sinn und Zweck der Vorschrift erfordern in diesen Fällen keine Nichtigkeit des geschlossenen Bauvertrags. Zudem ist es nicht gerechtfertigt, dem gesetzestreuen Bauherrn seine Erfüllungs- und Mängelansprüche zu nehmen. Wenn der einseitige Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 5 SchwarzArbG durch den nicht in die Handwerksrolle eingetragenen Unternehmer ohne Kenntnis des Bauherrn nicht zur Nichtigkeit des Bauvertrags führt, kann der Bauherr in solchen Fällen aber auch nicht die Rückzahlung geleisteter Vergütung verlangen, wie das OLG Köln klarstellt. Hat der Bauherr von der fehlenden Eintragung des Unternehmers in die Handwerksrolle keine Kenntnis, ist er aber nicht schutzlos. Er kann den Vertrag wegen arglistiger Täuschung des Unternehmers über seine Eigenschaft als „Meisterbetrieb“ anfechten.

 

Ergebnis

„Schwarzarbeit“ führt nur dann zur Nichtigkeit des Bau- oder Architektenvertrags und der Folge, dass die Vertragsparteien keinerlei gegenseitige Ansprüche (auf Vergütung oder Mängelbeseitigung) haben, wenn der Bauherr den Pflichtenverstoß des Unternehmers zumindest kennt und ihn für seine Zwecke ausnutzen will. Dabei lassen die Gerichte Indizien (insbesondere Barzahlungen ohne Rechnung) als Beweis für eine Schwarzgeldabrede ausreichen, wenn der Anschein nicht entkräftet wird. Während das Zusammenwirken von Bauherr und Unternehmer bei der Verkürzung der Steuerpflichten auf der Hand liegt, ist dies bei einem Verstoß gegen die Eintragung in die Handwerksrolle eher fernliegend. Der Bauherr wird selten einen Unternehmer beauftragen, wenn er dessen fehlende Fachkunde (Meistereigenschaft) kennt.

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