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Anspruchsvoller Arbeitsalltag: Pausen als Chance für die mentale Leistungsfähigkeit

Text: Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher | Foto (Header): © juefraphot – stock.adobe.com

In der Praxis manchmal nicht gern gesehen – die festgelegten Pausenzeiten. Die Termine folgen dicht aufeinander, der Arbeitsalltag ist anspruchsvoll, vielfältig und verlangt Flexibilität. Doch Pausen sind nicht nur gesundheitlich notwendig, sondern fördern u. a. die mentale Gesundheit. Nur wer genug Erholung in den Berufsalltag als Bauleitung einbindet, kann auch dauerhaft fit und leistungsbereit bleiben.

Auszug aus:

Informationsdienst Bauleitung
Ausgabe Juli 2024
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Bei vollem Terminkalender und günstigem Wetter ist auf der Baustelle keine Zeit für eine Arbeitspause. Sie wird oft als Arbeitsunterbrechung oder Verlustzeit gesehen. Diese Einstellung zu ändern, ist ein längerer Prozess. Bekanntermaßen sind Pausen gesetzlich vorgeschrieben. Verstöße sind riskant und können teuer werden. Die Pausen-Verkürzung sollte daher im Alltag eine Ausnahme sein.

 

Hallo Pause – wann geht’s los?

Pausen haben keinen guten Ruf. Dabei wirken sie sich positiv auf die Leistungskraft aus. Die ideale Auszeit stellt einen Kontrast zur Arbeit dar, denn Entspannung für eine kurze Zeit tut jedem gut. Der Körper hat sogar ein gutes Gespür für eine Auszeit, er verlangt regelrecht nach einer Pause. Kann man das einfach übersehen? Mit Höhe und Dauer der Arbeitsbelastung nimmt die Erschöpfung zu. Warnsignale werden gerne verdrängt: Gereiztheit, Ungeduld, Nervosität und nachlassende Konzentration. Doch: Je länger die Arbeitspause auf später verschoben wird, desto länger braucht man für die Erholung; die notwendige Erholungsdauer kann sich je nach Situation sogar verdoppeln.

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass beim Arbeiten ohne Pause die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit langsam, oft unmerklich, abnimmt. Körper und Psyche senden Signale, wann Zeit für einen Arbeits-Stopp ist. Wenn man darauf verzichtet, nimmt die Erschöpfung sowie das Risiko von Arbeitsfehlern und Unfällen zu. Wer pausiert, wird schon mal als „Weichei“ bezeichnet. Der eine macht schlapp, ein anderer hält durch. Wer weiterarbeitet, zählt zum Typ „Durchhalter“, ist stolz darauf und genießt Ansehen.

Je nach Arbeitsbelastung sind die Erholungsbedürfnisse sehr unterschiedlich. Mittags durcharbeiten, nur schnell einen Kaffee trinken und einen Müsliriegel knabbern, zählt nicht als offizielle Arbeitspause. Arbeitsmediziner und die Berufsgenossenschaft lehnen ein Arbeiten ohne angemessenen Zwischenstopp ab. Gerade Ü-40-Jährige, die dies missachten, riskieren ein Erholungsdefizit und auf Dauer gesundheitliche Nachteile.

 

Recht auf Pausen

Beispiele für Pausenzeiten gibt es viele. Fußballer machen nach 45 Minuten eine Pause von 15 Minuten. Lkw-Fahrer haben begrenzte Lenkzeiten, sind damit zur Arbeitsunterbrechung verpflichtet. In der Schule gibt es für die Schüler eine Pause. Und wie sieht es auf dem Bau aus? Es lassen sich immer wieder Argumente finden, weshalb das nicht möglich ist: Personalmangel, bevorstehender Regen und eine enge Terminlage.

Schon bei der Arbeitsplanung sollte die Bauleitung Pausen berücksichtigen. Die Mittagspause ist besonders wichtig und sollte nicht verkürzt werden, weil man sonst nachmittags weniger leistet.

Arbeitsmediziner geben Empfehlungen hinsichtlich der Länge von Pausen: Bei einer Arbeitszeit von drei Stunden sollte danach eine Pause von mindestens 10 Minuten eingelegt werden.

Mit koffeinhaltigen Getränken wie z. B. Kaffee während der Arbeit kann man die empfohlene Pause unterdrücken oder kurzzeitig verzögern. Das sollte aber nicht die Regel sein.

Im Leitungshoch, meist am Vormittag, lässt sich das noch ertragen. Nachmittags im Leistungstief verlangt der Körper dahingegen eine Pause und meldet sich durch eine Konzentrationsschwäche. Damit die Arbeit fertig wird, verzichtet man nicht nur auf die Pause, sondern erhöht auch wegen enger Termine zusätzlich das Arbeitstempo, wird also zum „Tempoholiker“. Anfangs ist man stolz darauf, dass man das leisten kann, später kann sich der bekannte Burn-out mit seinen negativen Folgen einstellen.

 

Have a break

Dabei sollte eine Pause nicht mit negativen Emotionen verbunden sein. Schon die Aussicht auf eine bevorstehende Arbeitspause weckt ein positives Gefühl. Die Vorfreude steigert kurzzeitig die Motivation, kann durch eine größere Anstrengung sogar zu besseren Arbeitsergebnissen führen.

Auch die Gestaltung der Pause sollte in den Fokus rücken: Ideal ist es, mal gar nichts zu tun, nicht an die Arbeiten nach der Pause zu denken, sondern völlig abzuschalten. Wie wäre es, wenn man die Augen schließt und mal auf die Handynutzung verzichtet? Das ist gewöhnungsbedürftig und wird oft belächelt. Der Erholungswert stellt sich aber viel schneller ein, wenn man mal keine Aktivitäten ausführt.

Jeder hat seine eigene Methode, wie er bewusst entspannt und danach mit doppelter Energie wieder an die Arbeit geht. Wer ganz abschalten will, setzt sich an einen bequemen Platz, schließt die Augen und schaltet das Handy auf stumm. Dabei hilft auch die Konzentration auf schöne Ereignisse, sog. Up-lifts. Gemeint ist damit die Wahrnehmungslenkung oder das „Kopf-Kino“ in eine angenehme Richtung. Die noch zu erledigenden Arbeiten werden für eine Weile aus den Gedanken verdrängt, und die Konzentration stattdessen auf ein äußeres oder inneres Bild gerichtet, z. B. auf den bevorstehenden Urlaub, auf ein interessantes Sportereignis oder auch auf die eigene Familie. Hauptsache dabei ist, dass sich nicht auf kommende Herausforderungen in der Arbeit fokussiert wird.

Dabei kann die Pausengestaltung auch regenerative Züge annehmen: Edmund Jacobson aus Schweden hat die Progressive Muskelrelaxation entwickelt, eine Methode, in ruhigen Pausenmomenten zu entspannen. Einzelne Muskelgruppen, die während der Arbeit stark belastet wurden, werden nacheinander gestreckt und gelockert. Die Übung wird im Sitzen ausgeführt und kann durch eigene Massage unterstützt werden.

Praxis-Tipp:
Wer diese Methode für entspannte Muskeln in stressigen Zeiten anwenden möchte, findet folgend eine beispielhafte Anleitung:

>> www.aok.de/pk/magazin/wohlbefinden/entspannung/progressive-muskelentspannung-pmr-einfache-anleitung/

Pausen sind der Zeitpunkt, sich voll auf die Atmung zu konzentrieren. Ideal ist es, wenn man ein Bewusstsein für die Atmung entwickelt und spürt, ob man flach oder unregelmäßig atmet. Die sog. Stressatmung (flache und stockende Atemzüge) versorgt die Lungen nicht mit genügend Sauerstoff und wirkt langfristig leistungsmindernd und ermüdend. Kurzatmigkeit ist ein weit verbreitetes Phänomen, kommt sogar bei körperlicher Arbeit vor. Vor allem das Ausatmen, der Abtransport des verbrauchten Sauerstoffs, wird vernachlässigt. Ein- und Ausatmen ist ein unbewusster Vorgang, der ins Bewusstsein kommen muss, um ihn zu regulieren. Atemtechnik kann so die „erneuerbare Energie“ im Körper werden, die grenzenlos zur Verfügung steht.

 

Tschüss Durst – Hallo Erfrischung

Pausen eignen sich aber nicht nur zur Entspannung, sondern auch zur Befriedigung gesundheitlicher Bedürfnisse wie der Flüssigkeitszufuhr. Der Flüssigkeitsbedarf ist individuell und hängt von verschiedenen Faktoren wie der Lufttemperatur, dem Körpergewicht und der körperliche Aktivität ab. Der Körper verliert auch an Flüssigkeit, wenn man nicht deutlich schwitzt. Oft wird wenig getrunken, weil das Durstgefühl fehlt. An ein Durstgefühl während der Arbeit gewöhnt man sich auf Dauer oder unterdrückt es – die Arbeit ist ja wichtiger. Flüssigkeitsmangel führt nach kurzer Zeit zur Konzentrationsschwäche. Nach der Studie „Trink Wasser“, im Auftrag der TKK, vergisst man die Zufuhr von Flüssigkeit und wird dadurch zum langfristigen Trinkmuffel.

Im Baugewerbe kann kein Getränk den Schweißverlust besser ausgleichen als Mineralwasser. Dieses enthält wichtige Bestandteile wie Magnesium, Kalzium und Natrium, die auf die Gesundheit eine positive Wirkung haben. Flüssigkeit ist dabei auch Nahrung für die Nerven. In Zeiten der Digitalisierung gibt es inzwischen auch Erinnerungshilfen, die per Smartphone für genügend Flüssigkeitszufuhr sorgen. So kann man den Griff zur Sprudelflasche einfach speichern und sich durch eine App erinnern lassen. So gibt es Funktionen wie den „Trink-Wecker“, die „Trink-Uhr“ oder den „Aqua-Plan“. Anhand des eigenen Körpergewichts wird die empfohlene Trinkmenge ermittelt und man wird per Push-Benachrichtigung erinnert, zu trinken.

Kurze Erinnerungshilfe für die PAUSE:
P Planung von festen Pausenzeiten
A Atemtechnik optimal nutzen
U Up-lifts: mit positivem Kopf-Kino ablenken
S Smartphone und technische Ablenkungen stumm schalten
E Entspannung durch Muskelrelaxation

Pause im Büro

Pausen bringen nicht viel, wenn man nicht optimal entspannen kann, weil der Raum ungünstig ist oder sie direkt am Computer stattfinden. Vieles hängt vom Pausenort ab. Die meisten im Büro Tätigen verbringen ihre Pause direkt am Arbeitsplatz oder in einem nicht geeigneten Raum. Weil es dort ungemütlich ist, wird sie manchmal gar abgekürzt oder die Effizienz der Pause gefährdet.

Dabei wäre der Raumwechsel ideal für eine gelungene Pause. Manchmal hilft auch ein zehnminütiger Spaziergang, um abzuschalten und um Energie zu tanken. Pausen sollten immer mit positiven Emotionen verbunden sein. Es geht darum, die innere Batterie aufzuladen. Dabei kann das Beispiel eines E-Autos bildlich darstellen, wie es sich mit der körpereigenen Batterie verhält. Zwanzig Minuten Ladezeit an einer E-Tankstelle reichen dann wieder für über 200 km Fahrt. So auch beim Menschen: Die Pause ermöglicht wieder die nächsten Arbeitsschritte.

Smartphone & Co. beherrschen die Pausenzeit, in der man sich eigentlich entspannen will. Die Nutzung digitaler Medien ist bei vielen eine ständige Routine. Instagram, Whats App-Nachrichten und diverse Apps fordern permanent dazu auf, Inhalte zu teilen, zu liken und zu kommentieren. Die Angst, etwas zu verpassen und nicht auf dem Laufenden zu sein, ist weit verbreitet. Die ständige Bereitschaft, für soziale Netzwerke offen zu sein, führt zu einem inneren Druck und verhindert das so wichtige Nichts-Tun in den wenigen Minuten der Auszeit.

Die „Fear of missing out“ (umgangsprachlich als FoMo bezeichnet) meint die Angst, etwas zu verpassen. Dieses Phänomen breitet sich durch die Dominanz technischer Gerätschaften im Alltag aus. Eine gewisse Abhängigkeit geben selbst Betroffene zu, denn sie reagieren gereizt und nervös, wenn beispielsweise das Smartphone in Pausenzeiten nicht benutzt werden soll. Die Frage ist doch, inwieweit sich jeder diszipliniert und das Smartphone beiseite legt, um sich mit den Kollegen im Small Talk zu beschäftigen. Wer immer antwortet und erreichbar ist, erhält auch mehr E-Mails, App-Benachrichtigungen oder Anrufe und wird so in der Arbeitspause, überspitzt gesagt, zum Sklaven der digitalen Kommunikation. Man sollte daher sein Umfeld daran gewöhnen, nicht ständig erreichbar zu sein.

Übrigens: Einen Arbeitsvorgang wegen der Pausenzeit zu unterbrechen steht berechtigterweise in der Kritik. So wichtig die Pausenzeit auch ist: Ein Vorgang sollte abgeschlossen sein, bevor man mit der Entspannung beginnt. Das beruhigt und erleichtert gleichzeitig das Abschalten und führt zu einer erfolgreichen Pause. Denn nur wer erfolgreiche Pausen in seinen Arbeitsalltag einbaut, kann langfristig belastbar und leistungsfähig bleiben.

Hilfreiche Tipps für die Pausengestaltung

1. Augenentspannung: Den Blick in die Ferne schweifen lassen und die müden Augen entspannen. Hier wird die sog. 20er-Regel empfohlen. Man konzentriert sich für 20 s auf einen Punkt, der mind. 20 cm entfernt ist. Danach schließt man für 20 s die Augen. Dieser Vorgang kann auch wiederholt werden.

2. Musik: Kopfhörer aufsetzen, Augen schließen und zwei oder drei Lieblingslieder, anhören. Egal, ob es sich um Pop oder Klassik handelt. Mitsingen ist erlaubt, sogar empfohlen, weil es die Entspannung zusätzlich fördert.

3. Small Talk: Der Klassiker ist das Pausengespräch mit Kollegen. Dazu braucht man im Gegensatz zu anderen Entspannungsmethoden einen Partner sowie ein Thema, das beide interessiert. Mit der privaten Plauderei lenkt man sich von der Arbeit ab und stärkt die kollegialen Beziehungen, was langfristig zu mehr Arbeitserfolg führen kann.

4. Atemtechnik: Nicht nur in Pausenzeiten lohnt der Blick auf die eigene Atmung. Besonders entspannend kann in der Pause eine tiefe und ruhige Atmung sein, die bewusst stattfindet. Kurzatmigkeit, wie sie bei Stress oft stattfindet, sollte vermieden werden.

5. Daily Up-lifts: Dabei geht um die Wahrnehmungslenkung, welches dem Abschalten in der Pause förderlich ist. Man verdrängt aus den eigenen Gedanken die Arbeit und sucht ein positiv konnotiertes Bild auf, welches fokussiert wird.

6. Muskelrelaxation: Auch eine körperliche Entspannung ist in Pausenzeiten wichtig. Beitragen kann dazu die Muskelrelaxation. So werden einzelne Muskelgruppen nacheinander gestreckt und gelockert.

Der Autor

Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher ist Fachautor für Betriebs- und Personalführung sowie Marketing. Seine Beiträge erscheinen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz.

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