Organisation & Kommunikation
Baudokumentations-Apps: Mängel mobil managen
Text: M. Behaneck | Foto (Header): © industrieblick – stock.adobe.com
Apps rationalisieren die Dokumentation von Baustellenaktivitäten und Mängeln. Was können sie und wie unterscheiden sie sich?
Auszug aus:
Der Bauleiter
Ausgabe Juni 2021
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Die Dokumentation des Bauablaufs wird immer wichtiger. Kommt es bei der Bauausführung zu Mängeln, können Planer und Bauleiter eventuellen Haftungsforderungen nur dann erfolgreich begegnen, wenn Baustellenaktivitäten möglichst lückenlos dokumentiert wurden. Mit herkömmlichen Mitteln ist das aufwendig und nicht mehr zeitgemäß. Wer statt Bleistift und Papier eine Smartphone- oder Tablett-App einsetzt, reduziert den dafür notwendigen Zeit- und Arbeitsaufwand und vermeidet Medienbrüche.
Was können Baudokumentations-Apps?
Damit Bauabläufe, Bau- oder Montagearbeiten später nachvollzogen werden können, müssen wesentliche Leistungen, Lieferungen und Tätigkeiten sowie die jeweiligen Bedingungen möglichst vor Ort dokumentiert werden. Erfasst werden Wetterdaten, anwesende (Sub-)Unternehmen, ausgeführte Arbeiten, Materialeingänge, Mängel, Behinderungen, Nachträge und Änderungen, Ergebnisse von Besprechungen, Prüfungen und Aufmaße, besondere Vorkommnisse, persönliche Notizen und anderes mehr.
Daraus entstehen digitale Baustellen-Dokumentationen, die bei Störungen des Bauablaufs, bei strittigen Fragen, Nachtragsforderungen oder bei der Ursachenforschung für Baumängel oder Terminverzögerungen entscheidende Hinweise liefern können. Die Dokumentationen dienen auch als Nachweis bei der Rechnungsstellung oder als Grundlage für die Projektdokumentation gemäß Leistungsphase 8. Wird kontinuierlich dokumentiert, entsteht zugleich sukzessive eine digitale As-built-Informationsdatenbank, die für spätere Renovierungs-, Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen oder die Bewirtschaftung wertvolle Informationen zu verwendeten Materialien, Bauprodukten oder Änderungen liefert.
Cloudbasierte Lösungen bieten zusätzlich die Möglichkeit, auf der Baustelle erfasste Daten direkt auf einem plattform-, zeit- und ortsunabhängig zugänglichen Web-Server abzulegen. Zugriffsberechtigte Projektbeteiligte können damit für sie relevante und freigegebene Berichte jederzeit online einsehen, sich über den aktuellen Projektstand informieren und eigene Informationen beisteuern. Über eine Benutzer- und Rechteverwaltung kann der Administrator steuern, wer, welche Anzeige-/Bearbeitungs- Upload-/ Downloadrechte erhält.
Werden die Daten statistisch projektübergreifend ausgewertet, können zudem wichtige Fragen, beispielsweise zur Dauer einer Mängelbehebung, zur Mängelanfälligkeit von Bauteilen und Leistungen oder zur Zuverlässigkeit ausführender Unternehmen beantwortet werden, was die Qualität der Bauausführung steigern hilft und Entscheidungen bei künftigen Projekten vereinfacht.
Wie wird erfasst?
Mit dem Smartphone oder Tablet werden relevante Vor-Ort-Informationen per Textkommentar und Foto digital erfasst, im Plan verortet, betroffenen Projektpartnern zugeordnet und über einen Verteiler als PDF-Bericht versandt. Das erübrigt ein nachträgliches Eintippen, Sortieren, Zuordnen und Versenden handschriftlich erfasster Notizen. Eingabeassistenten, selbsterklärende Eingabefenster, strukturierte Abfragen und vorgefertigte Textbausteine vereinfachen die Erfassung und sorgen dafür, dass man nichts vergisst. Neben Baustellenfotos lassen sich auch gescannte Pläne, LVs oder andere Dokumente einbinden, häufig auch Sprachnotizen oder Videos.
Fotos können in einfacher Form bearbeitet (Drehen, Größe oder Ausschnitt ändern etc.) und mit Hinweispfeilen, Maßen oder Bildkommentaren ergänzt werden. Wertet die App GPS-Daten der Mobilhardware aus, weiß man sofort, welches Foto an welchem Ort und an welcher Stelle fotografiert wurde. Aus den erfassten Daten lassen sich Bautagesberichte, Mängelprotokolle oder Mahnungen generieren und per E-Mail versenden. Layout-Vorlagen, die man individuell anpassen kann, geben dem jeweiligen Bericht das passende Aussehen. Fristen werden über einen Terminkalender überwacht. Da auch rechtliche Aspekte zu beachten sind, unterstützen Apps Anwender auch beim Erstellen rechtssicherer Anschreiben oder bei der Fristenverfolgung gemäß VOB.
Welche Dokumentations-Apps gibt es?
Inzwischen gibt es ein breites Angebot an digitalen Dokumentationslösungen für die Baustelle. Da jede Lösung ihre Schwerpunkte, Stärken und Schwächen hat, sollte man sich vorher überlegen, welche Funktionen man braucht. Einige Apps legen den Fokus auf die Erstellung von Bautagebüchern, andere auf die mobile Mängelerfassung und Verwaltung. Die meisten Dokumentationslösungen sind allgemein einsetzbar, andere sind beispielsweise auf die Brandschutzdokumentation spezialisiert. Einige wenige Apps verfügen über eine integrierte Messenger-Funktion, wie z. B. Hero Doku oder MemoMeister, und ermöglichen damit zusätzlich eine schnelle, unkomplizierte und dokumentierte Kommunikation mit Projektbeteiligten. Die Software-Konzepte sind unterschiedlich: Kaufprogramme bestehen entweder nur aus einer lokal installierten PC-Software oder einer Kombination mit einer mobilen Android- oder iOS-App für die Vor-Ort-Erfassung, was eine gelegentliche Datensynchronisation voraussetzt.
SaaS-Lösungen (Software as a Service) sind plattformunabhängig und müssen weder aktualisiert noch synchronisiert werden, da das Programm samt Daten stets aktuell von einem externen Cloud-Server abgerufen wird. Dafür werden monatliche Nutzungsgebühren fällig. Alle Programme sind kostenpflichtig, einige sind in der Basisversion kostenfrei (z. B. Bautagebuch Mobile App oder Hero Free App). Die Preise für Kaufprogramme reichen von 100 bis 1.000 € und mehr pro Lizenz und 25 bis 90 € pro Benutzer und Monat und mehr für SaaS-Lösungen, je nach Leistungsumfang. Hinzu kommen gegebenenfalls einmalige oder laufende Zusatzkosten für Wartungsverträge (Kaufsoftware), respektive die Einrichtung oder Server-Nutzung etc. (SaaS-Software). Bei SaaS-Verträgen sind Mindestlaufzeiten und Kündigungsfristen zu beachten.
Worauf sollte man achten?
Nicht nur konzeptionell, sondern auch funktional gibt es Unterschiede. So verfügen beispielsweise nur wenige Apps über eine Spracheingabe, bei der Sprachnotizen beispielsweise per Google Docs oder andere Dienste direkt in Text umgewandelt werden (z. B. BauMaster, IdeeGo oder Pro-Report). Nicht alle Apps können Fotos im Plan verorten oder zwischen Planungs-, Material- und Ausführungsfehlern unterscheiden und so weiter.
Entscheidend ist aber, welche Funktionen und Automatismen die App für die an die Vor-Ort-Erfassung anschließenden Arbeitsschritte (Weiterbearbeitung, Verwaltung, Auswertung) bietet, denn hier kann die Software dem Anwender viel Arbeits- und Organisationsaufwand abnehmen. Sind Bautagebuch- oder Mängelmanagement- Funktionen in eine vorhandene Bürosoftware integriert oder Schnittstellen für eine Datenübernahme/-übergabe von Adress- oder Termindaten etc. vorhanden, lassen sich Büroprozesse weiter rationalisieren.
AVA-, BMSP- oder PKMS-Programme für die Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung, das Büro-/Projektmanagement- oder das Projektkommunikationsmanagement mit entsprechenden Bautagebuch- oder Mängelmanagement-Funktionen, wie beispielsweise AVA.Relax, BauProCheck, BIM 360, BuildUp, PoolarProject, ProjektPro oder ThinkProject, bieten hier Vorteile. Wer bereits nach der BIM-Methode plant, sollte auf BIM-Schnittstellen und eine BIM-Modelleinbindung achten, die einige Apps, wie z. B. DocuTools, Plan Radar oder Pro-Report, in unterschiedlichem Umfang anbieten.
Wichtig bei mobilen App-, respektive Cloud-Lösungen ist, dass sie auch offline funktionieren, weil die Verfügbarkeit einer ausreichend schnellen und stabilen mobilen Internet-Verbindung nicht immer gewährleistet ist. Mit SaaS-Anbietern sollte man einen Auftragsdatenverarbeitungsvertrag gemäß DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) abschließen. Für Anwender, die ihre vertraulichen Büro- und Projektdaten nicht auf externen Servern speichern wollen, bieten einige SaaS-Anbieter alternativ auch eine lokale Datenhaltung an.